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Reich und Arm zeigt sich auch in der Unfallstatistik

22.08.2020

Unfälle sind keine Zufälle. Jeder Unfall hat seine Ursachen und Einflüsse. Einen indirekten Einfluss hat auch der sozioökonomische Status einer Person.

Unfälle im Strassenverkehr und im Haushalt ereignen sich häufiger bei Personen mit tieferer Schulbildung und tieferem Einkommen. Im Sport ist es umgekehrt. Unfallprävention auf gut Glück funktioniert nur selten. Um möglichst viele Menschen vor schweren Unfällen und deren Folgen schützen zu können, müssen alle unfallfördernden Faktoren berücksichtigt werden. Ein solcher Faktor ist der unterschiedliche sozioökonomische Status verschiedener Bevölkerungsgruppen. Welchen schulischen Abschluss eine Person hat, wie hoch ihr Einkommen und Vermögen ist, ob sie in einer privilegierten Gegend wohnt oder nicht, ist mitentscheidend für ihr Unfallrisiko. Die Beratungsstelle für Unfallverhütung BFU hat diesen Aspekt der sozioökonomischen Diversität untersucht.


Sichere Strassen für alle

Sozioökonomische Unterschiede bei Strassenverkehrsunfällen konnten in diversen Ländern nachgewiesen werden, so auch in der Schweiz. Wer finanziell schwächer gestellt ist, hat statistisch gesehen mehr Unfälle zu Fuss oder mit einem Töff oder Töffli. Die Unterschiede betreffen denn auch Männer und Buben stärker als Frauen und Mädchen, jüngere Personen stärker als ältere. Gerade für die Schulwege zeigt die Statistik ein klares Bild: Mit steigendem sozioökonomischem Status nimmt die Sicherheit von Kindern zu – und umgekehrt. Gute Prävention bedeutet, sichere Verhältnisse für möglichst viele Menschen zu schaffen. Strassen sollen so gebaut sein, dass menschliche Fehler nicht sofort zu Unfällen führen. Dies in allen Regionen und Quartieren – nicht nur in privilegierten. Auch Tempolimits und Verkehrsberuhigungsmassnahmen sollen allen zugutekommen. Schulwege sollen überall hohen Sicherheitsstandards genügen. Nebst der Schaffung sicherer Verhältnisse arbeitet die BFU auch mit Verhaltensempfehlungen und Sensibilisierungskampagnen. Damit solche Empfehlungen bei allen ankommen, setzt die BFU vermehrt auf Videos anstelle von textlastigen Broschüren.


Zu Hause unterschiedlich gefährdet

Kinder aus weniger privilegierten Familien haben nicht nur auf dem Schulweg grössere Risiken, sondern auch im Haushalt. Wissenschaftliche Analysen aus Grossbritannien, Schweden, Dänemark, Kanada und Australien belegen ein deutlich erhöhtes Risiko für Vergiftungen – etwa, weil Kinder Medikamente verschlucken. Andere Studien zeigten ein höheres Risiko für Verbrennungen und Stürze aus der Höhe. Die Gründe dafür sind nicht genügend erforscht. Naheliegend ist, dass Eltern aus tieferen sozialen Schichten seltener die Möglichkeit haben, ihre Kinder zu betreuen. Die Prävention setzt daher besonders auf technische Massnahmen: Der Markt bietet eine Fülle von Sicherheitsprodukten an, mit denen Eltern ihre Kinder und sich selber schützen können. Solange aber diese Produkte nur beworben werden, es aber Eigeninitiative und eigenes Geld zum Kauf braucht (etwa für Herdschutzgitter), profitieren nicht alle davon. Erfolgversprechender sind klare Vorgaben an die Hersteller zum Schutz vor Gefahren. Die BFU beteiligt sich im Auftrag des Staatssekretariats für Wirtschaft SECO mit Stichproben an der Sicherheitskontrolle von Haushalts-, Freizeit- und Sportprodukten.


Gute Coaches, gute Ausrüstung

Im Sport sind Menschen mit besseren finanziellen Möglichkeiten gemäss Unfallstatistik stärker gefährdet. Dies dürfte daran liegen, dass sie häufiger Sport treiben. Für die Unfallprävention gibt es in vielen Sportarten eine zentrale Figur: die Trainerin oder den Trainer. Sichere Verhaltensweisen erhalten Sportler somit im persönlichen Kontakt vermittelt – und sie werden stets erinnert oder gar dazu verpflichtet, diese einzuhalten. Die BFU arbeitet mit Sportverbänden und anderen Institutionen zusammen, um den Trainern und Ausbildnern das nötige Präventionswissen mitzugeben. Auch Schutzausrüstungen spielen je nach Sportart eine wichtige Rolle. Hier muss sorgfältig abgewogen werden, wie möglichst viele Sportler zum Tragen solcher Ausrüstung zu bewegen sind. Bei einer reinen Empfehlung werden Sportlerinnen und Sportler mit grösserem finanziellem Spielraum sich besser schützen als andere. Ein Obligatorium birgt hingegen stets die Gefahr, dass Personen mit tiefem sozioökonomischem Status die Sportart wegen zu hoher Kosten meiden. Eine kostenlose Abgabe oder der Verleih von Schutzausrüstungen könnten Abhilfe schaffen. Daneben besteht die Möglichkeit, Sportarten zu fördern, die nicht mit hohen Zusatzkosten für Schutzausrüstung verbunden sind. Aus diesen Gründen ist Diversität ein wichtiger Faktor für die Planung des Einsatzes unserer Massnahmen.  


Weitere Infos und viele Tipps für die Sicherheit unter: bfu.ch

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